Zur Zeit der Herrschaft von Karl dem Großen, also bereits im Laufe des 9. Jahrhunderts erschienen im Zuge der Ostexpansion germanischer Stämme ostfränkische Truppen in Pannonien. Ihre Siedlungen befanden sich in der Nähe des Plattensees und um Fünfkirchen/Pécs, sie wurden jedoch zu Beginn des 10. Jahrhunderts gänzlich zerstört.
Erst nach der ungarischen Staatsgründung im Jahr 1000 setzte sich die Ansiedlung der Deutschen in größerer Zahl fort: Der erste ungarische König, Stephan der Heilige heiratete die bayerische Prinzessin Gisela (die Tochter Heinrichs des Zankers) und hieß die deutschen Ritter, Mönche, Handwerker und Bauern in seinem Reich als hospites (Gäste) willkommen. Auf dem Territorium des Ungarischen Königreiches entstanden im Mittelalter – abgesehen von den westlichen Landesteilen, die bereits im Zuge der Südostbewegung der bayerisch-österreichischen Stämme mit Deutschen besiedelt worden waren – zwei zusammenhängende deutsche Siedlungsräume, nämlich in Siebenbürgen und in der Zips. Die ungarischen Könige sicherten im 13. Jahrhundert in ihren Freiheitsbriefen den deutschen Siedlern solche Rechte und Freiheiten zu, die sonst keiner anderen ethnischen Gruppe in Osteuropa garantiert waren. Im Gegenzug erwarteten die ungarischen Herrscher, dass die Deutschen die verödeten Gebiete bevölkern, bebauen und verteidigen. Die Städte, deren Stadtrechte sich am Wiener, Nürnberger bzw. Magdeburger Stadtrecht orientierten, erlebten im Laufe des 14. Jahrhunderts einen enormen wirtschaftlichen Aufstieg. Sie waren weitgehend verdeutscht, unter den 12 Geschworenen eines Stadtrates durften z. B. nur zwei Ungarn sein.
Die Angriffe der Türken, die im ausgehenden 14. Jahrhundert begannen und im 15. Jahrhundert immer häufiger wurden, bereiteten ein Ende in der Blütezeit der Städte. Im 16. Jahrhundert veränderte die Reformation die religiöse und somit auch die politische Einstellung des städtischen Bürgertums. Neben der konfessionellen Spaltung befanden sich große Teile Ungarns nach 1526 (Schlacht bei Mohatsch/Mohács) 150 Jahre lang unter türkischer Besatzung.
Die Deutschen, deren Abkömmlinge die heutigen deutschen Sprachinseln Ungarns bilden, wurden nach der Vertreibung der Türken, ab dem ausgehenden 17. Jahrhundert in Ungarn angesiedelt, und zwar in sechs größeren, damals relativ geschlossenen Siedlungsgebieten:
- im südwestlichen Teil des Ungarischen Mittelgebirges (Buchenwald, Schildgebirge, Ofner Bergland, Budapest und Umgebung)
- in der sog. „Schwäbischen Türkei“ zwischen Plattensee, Donau und Drau mit dem Zentrum Fünfkirchen/Pécs
- in der Batschka zwischen Drau und Theiß mit dem Zentrum Neusatz
- im Banat zwischen Miresch, Theiß, Donau und Transsilvanischen Alpen mit dem Zentrum Temeschburg
- in Slawonien und Syrmien zwischen Sawe, Drau und Donau mit dem Zentrum Esseg und
- in Sathmar im Nordosten der Ungarischen Tiefebene mit den Zentren Großkarol und Sathmar.
Die Initiatoren der Ansiedlung waren weltliche Feudalherren, die ihre verödeten und entvölkerten Besitztümer bebauen lassen wollten, die katholische Kirche, die eine Stütze in den überwiegend katholischen Bauern und Handwerkern aus dem Deutschen Reich sah, und das Haus Habsburg mit der Absicht der Eindeutschung des zugefallenen Territoriums.
Um die Wende des 18. und des 19. Jahrhunderts lebten ca. 1,1 Millionen Deutsche und 200.000 Juden im Karpatenbecken. Es entstanden geschlossene deutsche Siedlungsräume, wie z. B. die „Schwäbische Türkei“, wo der Anteil der Deutschen im Durchschnitt sogar 67% erreichte.
Nach dem Ersten Weltkrieg gab es in „Rumpfungarn“ ca. 480 Gemeinden mit über 10% deutschem Bevölkerungsanteil. Zu 100% deutsche Siedlungen waren davon 296, die Anzahl der deutschen Mehrheitsorte, in denen mehr als die Hälfte der Bevölkerung deutsch war, betrug 64, paritätische Orte mit 45-55% Deutschen gab es 17, und in 103 Gemeinden waren die Deutschen in Minderheit, sie machten 10-45% der Bevölkerung aus. In weiteren 2000 städtischen und ländlichen Gemeinden Ungarns waren die Deutschen mit weniger als 10% vertreten. Heute liegt die Zahl der Ortschaften mit einem unterschiedlich großen deutschen Bevölkerungsteil bei ca. 400. Eine bedeutendere Veränderung der ethnischen Zusammensetzung wurde durch die Ein- und Aussiedlung nach dem Zweiten Weltkrieg in die Wege geleitet.
Nach 1941 gab es einen Bevölkerungsrückgang, der z. T. eindeutig mit den Kriegsverlusten bzw. mit der Vertreibung und Verschleppung der Deutschen aus Ungarn zusammenhing. Wegen der antifaschistischen und zugleich nationalistischen Gesinnung der damaligen ungarischen Regierung wurde dem Ungarndeutschtum die Kollektivschuld als Stigma angehängt. Nach einer am 29. Dezember 1945 erlassenen Verordnung mussten all diejenigen ungarischen Staatsbürger ausgesiedelt werden, die sich bei der Volkszählung 1941 zur deutschen Muttersprache und/oder deutschen Nationalität bekannt haben, die ihren vorher magyarisierten Namen wieder eindeutschen ließen oder einer deutschen Militäreinheit beigetreten waren. Die Gesamtzahl der aus Ungarn vertriebenen oder im Krieg bzw. in der Nachkriegszeit umgekommenen Deutschen betrug etwa 250 000. Weitere 60 000 wurden zur Zwangsarbeit in die ehemalige Sowjetunion verschleppt.
Die Zahl der Angehörigen der deutschen Minderheit wird heute von der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen auf 200-250 000 geschätzt. Bei der letzten Volkszählung im Jahr 2011 bekannten sich 185 696 Personen als Ungarndeutsche.
Zur deutschen Sprache in Ungarn und in Pécs/Fünfkirchen
Das im 17. und 18. Jahrhundert angesiedelte deutsche Element stammt aus dem mittel- und oberdeutschen Raum, somit werden in Ungarn überwiegend mittel- und oberdeutsche Dialekte gesprochen. In typologischer Hinsicht sind alle deutschen Mundarten in Ungarn sog. Mischmundarten, die ihr eigentliches Gepräge nach einem Ausgleich erster Stufe in Ungarn erhielten. Je nach den dominanten Zügen können sie als bairische, fränkische, schwäbische etc. Ortsmundarten ausgewiesen werden. Ostdonaubairische Mundarten werden im Nördlichen Mittelgebirge bzw. in Westungarn, rheinfränkisch-hessische hingegen in der „Schwäbischen Türkei“ gesprochen, vereinzelt sind aber auch Alemannisch, Ostfränkisch und Schwäbisch anzutreffen.
Die deutsche Hochsprache kam aus Wien in die ungarischen Städte: „5kirchen“ war eines der wichtigsten Zentren in Südungarn, welches ständige wirtschaftliche Beziehungen zu Ofen und Wien unterhielt. Die Verwaltung wurde deutschsprachig, Protokolle wurden deutsch geschrieben, Gerichtsverhandlungen wurden in deutscher Sprache geführt. „Nur manchmal kam ein Schriftstück in madjarischer, kroatischer oder raizischer Sprache vor den Magistrat.“ Auch zu Beginn des 19. Jahrhunderts war in der Innenstadt von Fünfkirchen/Pécs, die mit der südlichen Vorstadt und dem Kalvarienberg zusammen überwiegend von Deutschen bewohnt war, kaum ein ungarisches Wort zu hören.
Die gesprochene Sprache Wiens wurde vorrangig durch das deutsche Theater vermittelt, das sich im Laufe des 18. Jahrhunderts rasch entwickelte. Nach Fünfkirchen kamen z. B. seit 1800 kamen fast jedes Jahr deutsche Schauspieltruppen, 1839 wurde auch ein Theatergebäude erbaut, auf dessen Bühne bis 1855 fast ausschließlich Stücke deutscher Autoren in deutscher Sprache aufgeführt wurden.
So wie die Schaubühne die gesprochene Wiener Stadtsprache übermittelte, so trug die deutschsprachige Presse zur Verbreitung der deutschen Schriftsprache in den Städten Ungarns bei. Der Beginn der deutschsprachigen Publizistik in Fünfkirchen fällt auf das Jahr 1832. Der Buchdrucker Knezevich wandte sich damals durch die Vermittlung des Stadt-Magistrates an die „Hochlöbliche Königlich-ungarische Statthalterey, (...) um Gnädigste Genehmigung: Ein Intelligenz Wochen-Blatt dieser k. Freystadt herausgeben zu dürfen.“ Diese Zeitung wurde genehmigt, aber entweder gar nicht oder nur in den wenigen Exemplaren gedruckt, die uns nicht überliefert sind.
Der zweite Versuch der Fünfkirchner deutschen Publizistik folgte 1848, bereits im Lichte der durch die Revolution erkämpften Pressefreiheit. Am 6. April 1848 kam die Zeitung von Ernest Adolf Neuwirth unter dem provisorischen Titel Pressfreie Flugblätter heraus. Bereits im Mai wurde das Blatt unter dem Titel Fünfkirchner Zeitung gedruckt.
Das 19. Jahrhundert war jedoch eindeutig durch die Assimilation des deutschen Bürgertums charakterisiert: Der ungarische Patriotismus verlangte zunächst keine sprachliche Assimilation von den Deutschen, denn Ungarisch war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch keine offizielle Landessprache in Ungarn, der ungarische Adel und das ungarische Bildungsbürgertum beherrschten es meistens auch nur sehr mangelhaft. Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts begann eine deutsch-ungarische Bilingualität unter den Gebildeten typisch zu werden. Am Ende des 19. Jahrhunderts sollen nach einem Lagebericht von József Dolencz die Kinder in den innenstädtischen deutschen Familien Fünfkirchens des Deutschen nicht mehr mächtig gewesen sein, während ihre Eltern noch beide Sprachen beherrschten, und ihre Großeltern waren monolingual deutsch.
Der prozentuale Anteil der Deutschen an der Gesamtbevölkerung Fünfkirchens sank ab der Mitte des Jahrhunderts, als ca. die Hälfte der damals hier lebenden Bürger Deutsch als ihre Muttersprache angab, eigentlich ständig, besonders in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, quasi als Gegentendenz zum permanenten Bevölkerungszuwachs in der Stadt. Diese zahlenmäßige Minderung war weder durch Abwanderung noch durch Geburtenrückgang bedingt, sondern Folge der oben geschilderten Assimilation.
Seit der politischen Wende 1989 setzte sich eine Gegentendenz ein: Für die Minderheiten in Ungarn begann eine starke Neugestaltungs- und Neugründungsphase von Verbänden und Vereinen, was das Interesse an ethnisch definierter Organisation spiegelt. Pécs/Fünfkirchen ist nach wie vor ein wichtiges Zentrum der deutschen Minderheit in Ungarn, denn die Mehrheit der Ungarndeutschen lebt heute noch in der „Schwäbischen Türkei“. In Fünfkirchen gibt es eine deutsche Minderheitenselbstverwaltung, hier befindet sich die Redaktion der deutschsprachigen Radio- und Fernsehsendungen, es gibt ein ungarisch-deutschsprachiges Schulzentrum und auch anderen Schulen mit erweitertem Deutschunterricht. An der Philosophischen Fakultät der Universität Pécs werden verschiedene Studiengänge im Fachbereich Germanistik angeboten, an der Medizinischen Fakultät gibt es deutschsprachige Studiengänge.
Das Büro der einzigen Honorarkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Ungarn befindet sich ebenfalls in Fünfkirchen/Pécs.